Das Schlagwerk war in der Entstehungszeit des Orlojs nicht in der unmittelbaren Nähe des Hauptwerks. Es war im Turm in der Nähe der Glocke. Vielleicht wurde den Rest vom Altwerk aus dem Turm des Altstadtrathauses benutzt. Erst beim Umbau im Jahr 1629 oder 1659 wurde es runtergetragen und mit dem Geh-Hauptwerk fest verbunden und wahrscheinlich erheblich geändert. Offenbar stammt aus dieser Zeit die beachtungswerte Lösung des verdoppelten Sperrrads, das das "mathematische Spielchen" benutzt, das zur Ehre des vorausgesetzten, geistlichen Vaters des Orlojs und Rektors der Karls-Universität den Namen Schindel-Aufeinanderfolge bekam. Selten wurde die Verdoppelung der Sperrräder auch bei anderen Turmuhren in Italien verwendet. Heutzutage ist der Prager Orloj wohl der einzige, wo diese Lösung funktioniert.
Auf dem Bild ist das Haupt-Sperrrad mit 120 Zähnen der Innenverzahnung zu sehen. Die Ritzel (ist nicht zu sehen) mit sechs Triebstöckern dreht sich genauso wie das kleine Sperrrad. In beide Räder klinkt den Sperrhebel ein. Das große Rad macht 1 Umdrehung pro Tag, das kleine also 20. Das Schlagen stoppt in dem Moment, wenn sich die Kerben in beiden Sperrrädern treffen.
Allgemein reicht für die Funktion der Schlaguhr ein Sperrrad. Nachdem das Schlagen in Gang gesetzt wird, rutscht der Sperrhebel auf dem Außenumfang des Rads, bis er in die Kerbe einklinkt. Die Segmentlänge zwischen de Kerben entspricht der Anzahl der Schläge. Ziemlich gut funktioniert dies bei kleinen Uhren, inklusive beispielsweise bei Schwarzwalduhren, wo über die Genauigkeit nicht viel gesprochen wurde. Beim Orloj haben wir aber ein wenig andere Situation. Das Schlagwerk ist für das Schlagen "des ganzen Orlojs" gebaut, also 1 bis 24 Stunden. Das sind 300 Schläge pro Tag, wer das nicht glaubt, soll mitrechnen: eine Hälfte von (1+24)*24. Das führte bei der Größe des Sperrrades und durch Einflüsse von verschieden Spielräumen, Ungenauigkeiten und vom Wetter zu Ungenauigkeiten beim Schlagen. Der Moment des Einklinkens der Sperre ging manchmal vor und das Werk schlug um eine Stunde weniger.
Das Einlegen des 2. Sperrrades bringt eine Erhöhung der Genauigkeit, falls das Rad entscheidend kleiner werden wird. Wie soll aber bewerkstelligt werden, dass das wesentlich kleines Rad auch 300 Schläge pro Tag abzählen würde? Da muss die Mathematik zur Hilfe kommen und eine sehr sophistisierte Aufteilung der Zähne entwerfen. Indem das große Rad 23 Kerben und Segmente für Schlagen 2 bis 24 Stunden hat ( die Kerbe für Schlagen um ein Uhr ist verdoppelt, das Rad hat kein Segment, das das Werk im Stoppen nach dem Schlag hindert), hat das kleine Rad 6 Kerben mit Segmenten für Schlagen von 1, 2, 3, 4, 3, und 2 Schlägen. Diese Aufeinanderfolge wiederholt sich 20-mal pro Tag, so kommt es zum Schlagen 15 x 20 = 300 Schläge, wie nur mit Hilfe des großen Rads. Die Anordnung der Segmente, wie wir sie uns später zeigen werden, ermöglicht das fortschreitende Schlagen der Aufeinanderfolge 1 bis 24 Schläge. Das kleine Rad ermöglicht dank der größeren Geschwindigkeit die größere Genauigkeit des Anhaltens des Schlagwerkes im richtigen Moment und das große Rad verhindert das Anhalten nach dem unrichtigen Segment des kleinen Rads.
Zeigen wir uns diese Aufeinanderfolge in Zahlen an:
Großes | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | ... | ||||||||||||||||
Kleines | 1 | 2 | 3 | 4 | 3 | 2 | 1 | 2 | 3 | 4 | 3 | 2 | 1 | 2 | 3 | 4 | 3 | 2 | 1 | 2 | 3 | 4 | 3 | 2 | 1 | 2 | 3 | ... |
Wir sehen, dass das Schlagen der 1. bis zu 4. Stunde von beiden Sperrrädern übereinstimmend sichergestellt wird. Beim Schlagen der 5. Stunde würde das kleine Rad das Werk bereits nach drei Schlägen anhalten. Das Segment des großen Rads verhindert dies aber. Die Kerben treffen sich erst nach 5 Schlägen. Der Sperrhebel klinkt nach dem kleinen Rad ein. Ähnlich weiter. Beim Schlagen der 6. Stunde verhindert das Segment des großen Rads das Einklinken der Sperre nach dem ersten und dritten Schlag.
Bei der Aufeinanderfolge 1, 2, 3, 4, 3, 2, 1 können wir so unendlich weitermachen. Bei weitem hat nicht jede periodische Aufeinanderfolge diese Eigenschaft. Wir finden auch andere, die "schindelisch" sind. Auf der anderen Seite ist diese die am geeignetste Aufeinanderfolge für die Realisation im Uhrwerk und sie ist auf ihrer Weise auch schön. Die genaue mathematische Definition der Schindel-Aufeinanderfolge überlassen wir den Mathematikern. Sie finden sie im folgenden Verweis.
Zu dem kleinen Schlagrad noch eine Bemerkung. Das Rädchen ist aus der Sicht der Reihenfolge der Segmente identisch. Aus diesem Grund wäre es egal, wie es angebracht werden würde. Es hat jedoch die eine Kerbenkante scharf und die andere abgerundet. Aus guten Gründen dreht es sich mit der abgerundeten Seite nach vorn. Für die Sperrfunktion ist die absteigende Kante entscheidend. Für die schnelle Verriegelung des Schlagwerkes ist es notwendig, dass diese absteigende Kante möglichst gerade wäre, wodurch der Hebel schnell einklinken kann.
Text: Petr Král, Foto: Stan. Marušák