Zum Astrolab nur kurz. Es handelt sich um ein mittelalterliches, einfaches, astrometrisches Gerät, basierend auf der stereografischen Projektion. PhDr. Alena Hadravová, CSc. aus dem Institut für derzeitige Geschichte AV spricht im Artikel auf @muni.cz über es: " Das astronomische Gerät Astrolab, das für seine Universalität über zweitausend Jahre verwendet wurde, war ein kleiner, wissenschaftlicher Wunder, klug und dabei auch ein schöner Gegenstand. Das, dass gerade der Traktat des tschechischen Universitäts-Lehrers des 15. Jahrhunderts Christian von Prachatitz von vielen damals existierenden Texten über dieses Gerät als das erste Abhandlung über Astrolab auf der Welt überhaupt abgedruckt wurde, ist, denke ich, ein schönes Ergebnis der tschechischen, mittelalterlichen Wissenschaft."
Das astronomische Zifferblatt des Prager Orlojs ist auch ein Astrolab. Heutzutage würden wir es für einen mechanischen, analogischen Rechner halten, der spezielle Raumabbildung benutzt - der himmlischen Sphäre in die Ebene eines Zifferblatts. Diese Abbildung wird als stereografische Projektion genannt. Wahrscheinlich als erster benutzte sie für die Projektion der himmlischen Sphäre in eine Eben der alexandrinische Gelehrte Hipparchos von Nicäa um das Jahr 180-125 v. u. Z. Dank ihr können Bewegungen der himmlischen Körper in der Ebene modelliert und so ziemlich einfach "die Berechnungen der sphärischen Astronomie" durchgeführt werden. Eine wichtige Eigenschaft der stereografischen Projektion ist das, dass sich jeder räumliche Kreis in der Ebene wieder als ein Kreis abbildet.
Das Zifferblatt des Prager Orlojs benutzt die Nordpolprojektion. Der Mittelpunkt des Zifferblatts ist der Südpol. Aus Achtung gegen die Tradition werden wir die Vorgehensweise des Astrolabs nach dem Christian von Prachatitz benutzen. Die Konstruktion findet direkt auf dem Zifferblatt statt, sie beginnt von dem größten Kreis und minimalisiert so die Konstruktionsfehler. Praktisch die gleiche (nur umgedrehte) Konstruktion finden wir auch in der Abschrift vom Taborsky Bericht über Orloj aus dem 17. Jahrhundert auf Seite 71. (Bild links.) Das bestätigt uns in der Überzeugung, dass auf dieser Weise auch auf dem Zifferblatt vom Orloj vorgegangen wurde. Der Witz der mittelalterlichen Konstruktion liegt darin, dass meistens auf die durch den Äquator durchgehende Ebene aus dem Punkt G projektiert wird. Die Wendekreise sind vom Äquator gleich entfernt, so wiederholt sich die Konstruktion zweimal, wobei dabei die Ähnlichkeit der Dreiecke N E B und L E G ausgenutzt wird.
Die Konstruktion (Bild rechts) beginnt mit der beliebigen Zeichnung des größten Kreises nach der vorausgesetzten Größe des Zifferblatts. Bei der Nordpolprojektion geht es um den Kreis des Wendekreis des Krebses. Weiter zeichnen wir vom Mittelpunkt aus den Winkel A E N, der die Neigung der Erdachse darstellt. Nach dem Christian soll der Winkel 24° betragen, nach der Abschrift des Orloj-Buches 23,5°. (Die Neigung der Erdachse ändert sich in der Zeit und zur Zeit beträgt sie 23,439°). Hier hielten wir also den Wert aus dem Orloj-Buch ein, weil auch das Zifferblatt wie ein Denkmal behandelt werden sollte. Durch die Punkte B und N geführte Linie schnitt die vertikale Achse im Punkt F durch, durch den wir aus dem gleichen Mittelpunkt den Kreis des Äquators führen. Den Punkt M gewinnen wir mit Hilfe der Linie G L. Wir führen durch ihn den Kreis des Wendekreis des Steinbocks durch, denn es geht um die stereografische Projektion des Wendekreis des Steinbocks bei der Projektion aus dem Punkt G auf die Äquatorebene. Die Ekliptik wäre der in den Kreis des Krebs eingeschriebene Kreis und dem Kreis des Steinbocks umgeschriebenen Kreis. Sein Durchmesser ist also die Summe der Radien der Kreise der Wendelkreise.Sehr einfache Konstruktion, die man praktischen nicht falsch machen kann. Oder doch? Die stereografische Projektion war wahrscheinlich auch den Autoren des großen Umbaus des Zifferblatts im Jahr 1865 nicht ganz klar, als sie einen wie der Äquator großen Ekliptikring herstellten. Auf der Sphäre haben die Ekliptik und der Äquator zwar den gleichen Durchmesser, aber die stereografische Projektion ist unterschiedlich. Deshalb die spätere "Einstellung des Rings", aber erstaunlicherweise nicht mehr reparierte Stellungen der Sonne und des Mondes.
Die Grundkreise der Wendekreise, des Äquators und der Ekliptik sind an dem geographischen Standort des Orlojs nicht abhängig. Die Stellung des Dämmerungskreises (des Horizonts) und des Kreises der astronomischen Nacht hängen mit der geographischen Breite schon zusammen. In der folgenden interaktiven Konstruktion können sie die Abhängigkeit verfolgen. Die Konstruktion befasst sich mit dem festen Teil des Zifferblatts, deshalb ist der Ekliptikkreis nicht dargestellt.
Bemerken wir noch, dass bei der Konstruktion der Orlojs sowohl die gezeigte Nordpolprojektion benutzt wurde als auch die Südpolprojektion. Der Vorteil der Nordpolprojektion ist der, dass der Wendekreis des Krebses der äußere Kreis ist und die Sonne folgt so im Sommer am höchstens dem größten Bogen. Was vom Vorteil für die Sonne ist, ist nicht für die Sterne geeignet. Das Astrolab mit der Nordpolprojektion zeigt den Südhimmel an. Alle erhaltenen, tragbaren, planisphärischen Astrolabs sind für die Beobachtung der Sterne bestimmt, deshalb benutzen sie die Südpolprojektion. Offenbar setzte sich mit ihrer größeren Verbreitung und mit dem Bestreben um die Vereinheitlichung diese Projektion auch bei den Orlojs durch. Wohl der erste solche Orloj wurde im Jahr 1473 in Mantua. Die neuzeitlichen Orlojs kamen zu der anschaulicheren Nordprojektion wieder zurück. (Leitomischl, Proßnitz , Stará Bystrica, Tokio, Soul,...)
Das Zifferblatt des Orlojs mit der Südpolprojektion erkennen sie durch die verwechselten Wendekreise und die umgekehrt gewölbten Dämmerungskreise. Eine ungefähre Vorstellung gewinnen sie in unserem Modell der Dämmerung durch die Einstellung des Winkelwerts auf 130° und das Verschieben der Linie, die die astronomische Nacht darstellt, über den Mittelpunkt in die gleiche Entfernung.