Astronomisches
Zifferblatt
Das astronomische
Zifferblatt des Prager Orlojs ist das vom Uhrwerk
angetriebene Astrolab.
Auf ihm können dann
Angaben abgelesen werden, für deren Anzeige es konstruiert ist. Die Uhrzeiger, manchmal mit
bizarren und
dekorativen Formen, sind üblich. Es wird auch die Stellung
der abgebildeten
Körper an den Kurven oder deren Platzierung in den Flächen abgelesen.
Den
Scharfsinn der Orloj-Schöpfer findet man gerade darin, auf welcher
Weise dies
passiert. Es existierte keine universelle Anleitung und so war und ist
jeder
Orloj an sich ein Unikat, konstruiert nur für den Ort, wo er gebaut
wurde. Die
Genauigkeit der Anzeige entspricht der Entstehungszeit. Die
mittelalterlichen
Uhren hätten auch eine Abweichung von halber Stunde haben können. Also
sie
finden an den Orlojs keine Sekunden. Und Minuten können eher geschätzt
werden.
Das Zifferblatt des Prager Orlojs ist ungewöhnlich gründlich
konstruiert, auch
im Vergleich mit anderen europäischen Orlojs.
Die Details der technischen und mechanischen Lösung der Bewegungen
finden sie auf den detaillierten Fotos in diesem Kapitel.

Der Mittelpunkt des astronomischen Zifferblatts
Vom Werk werden drei Bewegungen in einer Achse
übertragen - eine Achse und zwei gleichachsige Hohlwellen. Die
unterschiedliche
Anzahl der Zähne der Haupträder im Orloj Inneren verursacht so
verschiedene
Geschwindigkeit der Sonne-, Mond und Tierkreisumläufe, wie es dem
Verhältnis
ihrer Bewegungen auf dem Himmel entspricht. Der Mittelpunkt der
Rotation ist in
den geografischen Standort des Orlojs projiziert, also in Prag. Dieses
System
hatte schon der ursprüngliche Orloj (1410), es stellte damals den
Gipfel der
Technik dar und ist eine der Sehenswürdigkeiten des Orlojs. Das
derzeitige
System ist aus der späteren Zeit.
Tierkreisring
(ein
anderer, noch benutzter Begriff
Tierkreis oder Zodiakus).
Die Bezeichnungen der Sternbilder auf dem Himmel
sind bereits in Antik entstanden. Die scheinbare Bahn der Sonne auf der
Sphäre
um die Erde wird die Ekliptik genannt und geht überwiegen durch die
nach Tieren
genannten Sternbildern hindurch. In einzelnen Zeichen
bewegt sich die Sonne ungefähr ein Monat und während des Jahres geht
sie durch
alle hindurch. Auf der gleichen ekliptischen Bahn bewegt sich auch der
Mond,
aber mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit. Am Ringrand gibt es
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Strahlen, die der feineren Aufteilung einzelner Monate auf Tage dienen.
Der
Zwischenraum zwischen den benachbarten Strahlen stellt etwa 5 Tage dar.
Diese
feinere Aufteilung auf dem Prager Orloj ist einzigartig, sie ist aber
als die
Nachbesserung der fehlerhaften Berechnung im Jahr 1864 entstanden. Mit
dem
angenieteten Ring mit Strahlen reparierten sie so der zu kleine
Durchmesser des
Tierkreises. Die Stangen der Sonne und des Mondes wurden aber nicht
verlängert
und so bewegen sie sich auf dem ursprünglichen, kleineren Durchmesser
und
dadurch auch auf niedrigerer Bahn, was aber nicht mehr richtig ist.

Mittelpunkt des Tierkreisrings
Im geometrischen Mittelpunkt des Tierkreisrings
sind auf gemeinsamer Achse die Stangen der Sonne und des Mondes drehbar
befestigt, die sie das ganze Jahr über, auf der ekliptischen Bahn
halten. Auf
den Hilfsstangen sind sie schiebbar gelagert und weil der Ring
exzentrisch ist,
können sie so auf einer einfachen, mechanischen Weise die Höhe über dem
Horizont in einzelnen Jahreszeiten anzeigen, so wie sie auf dem Himmel
tatsächlich ist. Dieses einfache System ist auch ursprünglich.
Sonnensymbol
steigt auf dem Orloj auf, geht runter, den meisten
Teil des Jahres geht sie durch das Feld der astronomischen Nacht
hindurch a
geht wieder auf, wie auf dem Himmel. Sie ist aus dem vergoldeten Blech
und
bewegt sich auf dem gleichen Arm mit dem goldenen Uhrzeiger und dreht
sich
gemeinsam mit ihm in 24 Stunden. Gleichzeitig zeigt die Sonne an, in
welchem
Tierkreiszeichen sie sich befindet. Im Tagesverlauf dann, ob es Tag,
Nacht,
Abend- oder Morgendämmerung ist. Durch ihre Stellung zwischen den
Linien 1 - 12
zeigt sie gleichzeitig im blauen Feld des Zifferblatts die babylonische
Zeit.
Beziehungsweise sollte sie zeigen, falls sie auch der Ebene der
nachträglichen
Einstellung des Tierkreises wäre. So zeigt die Zeit der Schnittpunkt
des
Sonnenuhrzeigers und der Außenkante des Tierkreises.
Mond
bewegt sich auf der Ekliptik
mit dem
gleichen
mechanischen Prinzip wie die Sonne. Er ist hohl, im Halbkäfig mit
Drehpunkten.
Der Bügel im Hinterteil des Käfigs rutscht auf der Hilfsstange. Er
zeigt die
Mondphasen in der Abhängigkeit von der Stellung zur Sonne, so wie es in
der
Natur ist. In der Kugel mir einem Durchmesser von 130 mm ist
ein
versteckter Mechanismus, der bei jedem Umlauf den Außenmantel
der Kugel von
innen andreht. So zeigt er die Phasen, in denen er sich befindet. Beim
Vollmond
zeigt er die ganze, helle Hälfte und auf dem Orloj ist er im Bezug zur
Sonne in
der Opposition, d.h. auf der gegenüberliegenden Seite. So strahlt er in
der
Nacht, wie in der Natur mit dem reflektierenden Licht. Bei der
Abdeckung mit
der Sonne ist er ganz dunkel, als ob er nicht "zu sehen" wäre. Wann
dieses
mysteriöse Werk gebaut wurde, ist nicht bekannt. Es war wahrscheinlich
bei der
Reparatur in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Die goldene Hand
ist der markanteste Zeiger auf dem Orloj.
Er
greift bis das größte Durchmesser des Zifferblatts über, wo sich die
pendelnde
Skala des Vierundzwanzigers (eigenes Kapitel) befindet und dort zeigt
er die
alttschechische Zeit. Gleichzeitig zeigt er auf den römischen Zahlen
die
deutsche Zeit, wo der Tag um Mitternacht beginnt und endet, so wie es
im derzeitigen
Zeitalter üblich ist. An dem Orloj ist eine Skala mit 24 Stunden, weil
es nur
einen Zeiger - die goldene Hand - gibt und er umläuft den Kreis in
einem
Sonnentag. Die Aufteilung ist aber 2 x 12 (römisch I bis XII), wenn die
obere
XII den Mittag bedeutet und die untere XII die Mitternacht. Diese
Einordnung
hat einen unerwarteten Vorteil: falls die große, goldene Hand durch
bewegliche
Astrolabteile (Sonne, Mond, Tierkreis) teilweise überdeckt ist, was im
Sommer
passiert, wenn die Sonne auf dem Himmel am höchstens ist und beim
Neumond noch
vom Mond abgedeckt ist, kann man die Zeit in der Verlängerung auf der
anderen
Seite des Zifferblatts ablesen, wo sich die identische Nummerierung
befindet.
Ob es bei dieser Ablesungsweise gerade den Tag oder die Nacht gibt,
muss der
Beobachter erkennen. Das mächtigere, verbreitete Ende hat am Zeiger
auch die
Funktion des Gegengewichtes (die gleiche Lösung des Gegengewichtes und
als des
Zeigers hat auch der Mond). Die Benutzung der deutschen Zeit in den
tschechischen Ländern wurde unter dem Kaiser Ferdinand I. im Jahr 1547
angeordnet
.
Die Sternzeit (auch siderische Zeit)
ist auf die fiktiven Bewegung der entfernten Sterne
bei der Rotation der
Erde bezogen. Zum Sonnentag, der 24 Stunden dauert, ist der Sterntag um
etwa 4
Minuten kürzer. Die Differenz entsteht so, dass sich die Erde bei einer
Umdrehung gegenüber den Sternen auf ihrer Bahn um die Sonne verschiebt,
die in
diesem Moment auf dem Himmel nicht auf der gleichen Stelle ist, auf der
sie am
Beginn des Sterntages war. In einem Jahr wächst die Differenz auf einen
Tag
auf. Deshalb ist der Zeiger auf dem Tierkreisring platziert, der die
Stellung
der Sterne gegenüber der Sonne zeigt. Das Sternchen ist auf dem
Ärmchen, das
aus der Position des Rings bei dem Frühlingsäquinoktium verlängert is
t.
Die Sternzeit hat auch 24 Sternstunden, sie sollte
deshalb auf dem um 12 Stunden angedrehten 24-Stunden Zifferblatt
angezeigt
werden. An dem Orloj wird sie auf dem 12 + 12-Stunden Zifferblatt
abgelesen und
das ist ein bisschen verwirrend. Die Sternzeit wird ab der oberen
Kulmination
des Frühlingspunktes gezählt, also ab dem Moment, als der Zeiger mit
dem
Sternchen nach oben zeigt. Fügen wir noch zu, dass es genau umgekehrt
ist, als
beim Sonnenzeiger. Falls der Sonnenzeiger nach oben zeigt, ist es
Mittag, die
zwölf Sternstunden sind es unten.
Die Sternzeit benutzen außer den Astronomen auch
die Astrologen bei der Zusammenstellung der Horoskope.
Die
alttschechische (auch italienische) Zeit
wird auf dem sog. Vierundzwanziger abgelesen. Dieser
Zwischenkreis mit
stilisierten, gotischen Buchstaben 1 bis 24 hat das überhaupt größte
Durchmesser am Orloj, volle 300 cm. Es ist die weitere, schon die
vierte
Bewegung um den Mittelpunkt des astronomischen Zifferblatts, auch wenn
die
Bewegung durch eine hinter der Platte versteckte (eigenes Kapitel),
komplizierte Übersetzung sichergestellt ist. Die Pendelbewegung, im
ganzen Jahr
60o, ist die langsamste Bewegung am Orloj. Der Tagesbeginn
verschiebt sich im Jahresverlauf, der alttschechische Tag begann im
Moment des
Sonnenuntergangs, im täglichen Leben in der Wirklichkeit mit dem
Nachtbeginn.
Er wird mit der goldenen Hand auf 24 gezeigt, wobei die Sonne auf der
Linie der
Abenddämmerung ist. In der Zeit der Orloj-Entstehung wurde diese Zeit
noch benutzt. Die Animation führt die Bewegung des Vierundzwanzigers im
Verlauf des ganzen Jahres vor und zeigt den Tagesbeginn in der Stellung
an, als die
Sonne in das Tierkreiszeichen eintritt.

Die feste Grundplatte
kann man
in der ganzen Größe nur bei großen Reparaturen sehen, wie es im Jahr
2005 war.
Sie hat einen Grundmesser von 260 cm und ihre grafische Gestaltung
decken im Jahresverlauf teilweise die beweglichen Elemente ab. Die
Grundaufteilung ist
farblich differenziert: die blaue Fläche ist der Tag, an dem die Sonne
über dem
Horizont steht, orange markiert die Morgen- (AVRORA) und Abenddämmerung
(CREPVSCVLVM). Die Linien ORTVS und OCCASVS sind die Ost- und
Westlinien.
Geschrieben auf der antischen Weise, als die Römer den Laut U als den
Buchstaben V schrieben. Im 19. Jahrhundert wurde die Würde und das
Ansehen der
Institutionen betont, wie z.B. in der Anschrift MVSEVM.
Die Wendekreise
sind
nicht wörtlich gekennzeichnet. Der goldene, plastische Kreis an dem
größten Durchmesser der Platte ist der Wendekreis des Krebses (im
Sommer, als die Sonne am höchstens ist, berührt sie ihn), der
Winterwendekreis des
Steinbocks ist an dem kleinsten Durchmesser. Zwischen ihnen ist auf der
Platte ein
nächster, nicht gekennzeichneter, goldener Kreis und der stellt den
Erdäquator dar.
Schwarz ist der Bereiche der astronomischen Nacht
und die tritt ein, wenn die Sonne mehr als 18o
unterm Horizont ist. Die schwarze Kreisscheibe der Nacht berührt nicht
den
Plattenrand, so entsteht orangefarbene Lücke für die Bewegung der Sonne
in der
Zeit des Hochsommers. Die Sonne bewegt sich in der Zeit um den
Wendekreis des
Krebses, die astronomische Nacht tritt nicht ein und hoch stehende
Sonnenscheibe am Orloj kann durch diese Lücke durchqueren und langt
dabei nicht
in die schwarze Fläche der Nacht hinein. Die römische Nummerierung
kennzeichnet
die bürgerliche Zeit, auch deutsche Zeit, wie wir sie heute kennen.
Die Kurven,
die die Flächen 1 bis 12
im blauen Tagesfeld kennzeichnen, grenzen die Flächen für die
Bestimmung der
babylonischen Stunden ab. Dies wird auch als die Planetenzeit genannt,
weil
nach den Babyloniern jeder Stunde ein Planet herrschte. Der Tag ist in
12
Stunden aufgeteilt (genauso die Nacht), bei der Morgendämmerung zeigt
die Sonne
die erste Stunde, bei der Abenddämmerung das Ende der zwölften Stunde.
Der
Mittag, wie wir es gewöhnt sind, tritt bei der babylonischen Zeit um 6
Uhr ein.
Die Länge der babylonischen Stunde ändert sich im Jahresverlauf, im
Sommer ist
sie am längsten und umgekehrt im Winter dann am kürzesten. Historisch
ist dies
die älteste Zeit, die am Orloj dargestellt ist. Und angeblich wird sie
heutzutage nirgendwo auf der Welt mehr angezeigt.
Text, Foto und Animation:
Stan. Marušák